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  2010-09-26: Innenstadt bitte meiden

Aus erster Hand erfährt man die Fakten aus der Pressemeldung der Polizei. Darin heißt es: Neun Polizisten der vier Chemnitzer Stadtreviere führten gemeinsam mit fünf Mitarbeitern des Chemnitzer Ordnungsamtes am Donnerstag zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr eine Kontrolle von Radfahrern im Stadtzentrum durch. Schwerpunkt waren die Fußgängerzonen um den Markt. In der Tat sind weite Teile der Innenstadt für Radfahrer gesperrt. Zwischen Rotem Turm (das historische Gebäude) und Hochhaus am Rosenhof, sowie zwischen Busspur an der Zenti und der Theaterstraße ist komplett das Radfahren verboten. Nur einzelne Zufahrten sind für den Radverkehr freigegeben.


Bei den Kontrollen wurden 104 Radfahrer gezählt, von denen 65 ein Verwarngeld von 10? zahlen mussten.

In Funk und Presse wird die PM praktisch 1:1 übernommen, aber wie üblich mit ein paar blumigen Worten, wie "Radler-Rambo", "harte Bandagen", "rücksichtslose Fahrradfahrer" oder "erstaunte Gesichter" garniert.

Laut Polizei sollen die Kontrollen nun auch in schöner Regelmäßigkeit stattfinden. Das sorgt wiederum bei mir ein wenig für Erstaunen. Bisher galt wohl eine Art Waffenstillstand. Man fuhr gemäßigt und die Polizei guckte weg.

Was nun der Grund für diese Law-And-Order-Schiene ist, darf spekuliert werden. Vielleicht fühlte sich ja die Polizei vom Ordnungsbürgermeister provoziert, der mal eben eine Fahrradstaffel für seine "untere Polizeibehörde" eingesetzt hat. (Lächerlicherweise wurde beim Beschaffen der Fahrräder "vergessen", StVO-Konforme Beleuchtung anzubauen.)

Natürlich ist rein rechtlich alles 100% sauber. Aber man sollte die Gelegenheit zum Anlass für eine Debatte nehmen, ob dieses Vorgehen das richtige ist, um die Innenstadt attraktiv zu machen. Konzepte zur Aufwertung der Innenstadt oder der Belebung des Brühls (ebenfalls eine für Radfahrer komplett gesperrte Gegend) werden für viel Geld in Auftrag gegeben. Aber einfach mal die Erreichbarkeit zu verbessern, scheint wohl zu einfach zu sein.

Es ist ja nicht so, dass der Markt und die Fußgängerzone drumherum komplett frei von Fahrzeugen sind. Die CVAG fährt mit Bussen und Bahnen zur Zentralhaltestelle, die Händler fahren ihre Stände auf den Markt, und Taxen dürfen natürlich auch vorfahren. (Letztere oftmals auch deutlich schneller als in Schrittgeschwindigkeit.)

Wieso da Fahrräder auf einmal ein Problem darstellen, ist mir nicht klar. Natürlich muss man seine Geschwindigkeit auf ein angemessenes Level reduzieren. Auf dem Markt muss man das sowieso "dank" des etwas ... komplizierten ... Belags. Wer da trotzdem noch meint, unbedingt Omas erschrecken zu müssen, den kann man natürlich gern zur Kasse bitten.

Den Markt zu sperren, weil sich Fußgänger belästigt fühlen, kann man schlichtweg nur als heuchlerisch bezeichnen. Jeder gemischt oder parallel laufende Geh- und Radweg hat erheblich weniger Platz. Davon gibt es in unmittelbarer Nähe zum Zentrum leider mehr als genug.

Irgendwie wird hier auch zweierlei Maßstab angesetzt. Die Stadt duldet unsinnigste Beschilderungen stillschweigend über Tage, Wochen oder sogar Jahre. Radfahrer werden so systematisch zum Ignorieren von Schildern erzogen.

Wirklich Lobby hat die Radfahrerrandgruppe in der Stadt der Autofahrer ja sowieso nicht. Ruft ein "Investor" nur das Wort Parkhaus, bekommt er sofort eins gebaut oder zumindest eine Baugenehmigung. Etwa 5000 Parkplätze in Parkhäusern gibt es allein in der Innenstadt. Fragt ein Radfahrer mal nach einem stabilen oder gar überdachten Fahrradabstellmöglichkeit, wird er nur mitleidig belächelt.

Wirklich Einfluss haben wahrscheinlich nur die ansässigen Geschäftsleute. Aber eine klitzekleine Stichprobe brachte da eher ernüchternde Dinge zum Vorschein.

Bei Kieser-Training das Problem der Nichterreichbarkeit vorgebracht, kam der freundliche Hinweis, man könne sein Rad ja gern die letzten 50 Meter schieben. Nungut. Ein Argument mehr, was bei der Vertragsverlängerung einbezogen werden sollte.

Bei Schuh-Benedix war die Antwort noch eine Kategorie origineller. Darauf angesprochen, dass die Aktion der Stadt ja seine Kunden vergraule, kam die Aussage: "Radfahrer sind nicht meine Kunden." Auch das sollte man in Zukunft beachten.

Chris Hübsch